Natürlich, Rory McIlroy!

Kein Hollywood-Drehbuch, sondern der spektakuläre Höhepunkt eines turbulenten Golf-Jahres: Rory McIlroy, das bekannteste Gesicht und der wirkmächtigste Fürsprecher der US PGA Tour, gewinnt die Tour Championship, das Saisonfinale ebenjener Tour.
 
Rory McIlroy ist neben Tiger Woods der größte Golfer der Gegenwart, gemessen an Emotionen, die sein Spiel begleiten, an guten Wünschen der Fans, die dem Nordiren vor allem eines wünschen ­– endlich den fünften Major-Titel seiner Karriere, den ersten seit nunmehr acht Jahren. Der 33-Jährige ist das Aushängeschild der PGA Tour, gemeinsam mit Woods bildet er die Speerspitze der historisch gewachsenen Turnierserie, die sich gegen einen mächtigen Angriff der neuen LIV Golf Tour wehren muss. Würden McIlroy und Woods die PGA Tour aufgeben – das Rennen wäre gelaufen. Doch sie kämpfen und ziehen große Teile der Weltspitze mit. Die PGA Tour hat Hoffnung, dass sie so zumindest nicht als Verlierer aus dem Duell mit der von Greg Norman angeführten und vom saudi-arabischen Staatsfond finanzierten Tour gehen wird.
 
Diese Hoffnung hat sie vor allem Rory McIlroy zu verdanken, der zuletzt notwendige Reformen der Tour angestoßen hat. Diese Neuerungen verleihen den besten Spielern mehr Macht, pumpen Geld ins System und machen die Tour so attraktiver. McIlroy agiert in diesem Wandel wie ein Politiker. Er wählt seine Worte überlegt, platziert sie präzise und scheut nicht zurück, seinen Standpunkt deutlich zu machen – Pro PGA Tour. Doch das würde allein nicht reichen, wenn McIlroy in diesem Jahr nicht gleichzeitig so unfassbar gutes Golf spielen würde. Neben seinem Sieg in Kanada landete er bei jedem Major unter den besten Acht, wurde Zweiter beim Masters, Dritter bei der 150. Open, wo er als Führender in die Schlussrunde gegangen war.
 
Bei der Tour Championship, dem Finalturnier der PGA Tour, hatte er nun sechs Schläge Rückstand vor der abschließenden Runde – und flog an diesem historischen Sonntag doch noch am lange führenden Scottie Scheffler (USA) vorbei. Für McIlroy, der somit erste dreimalige Gewinner des FedEx Cups, und auch die PGA Tour war es der perfekte Ausgang dieses vielleicht turbulentesten Jahres im modernen Golfsport: Der wirkmächtigste Anwalt der Tour unterstreicht sein argumentatives Gewicht durch sportlichen Triumph. Beste Werbung für die Tour, Etappensieg.
 
„Es bedeutet mir viel. Und ich glaube, dass meine Meinung die richtige ist. Und deshalb mache ich diese auch gerne öffentlich“, so McIlroy nach seinem Triumph, der ihm 18 Millionen US-Dollar einbrachte. „Ich versuche diesen Ort, der für mich der beste für die professionelle Golfsport-Elite ist, zu verteidigen. Und so passt es irgendwie, dass ich das heute geschafft habe und dieses sehr, sehr herausfordernde und etwas andere Jahr so abgerundet habe.“
 
Es ist ein Abschluss wie im Hollywood-Film. Allein, der Kampf um die Hoheit im professionellen Golfsport wird weitergehen. Und der Mann aus Holywood, Nordirland, wird darin nicht nur aufgrund seiner neuen Geschäftspartnerschaft mit Tiger Woods, die zuschauerfreundliche Indoor-Golfevents mit Star-Teams am Montagabend im Gepäck hat, eine sehr wichtige Rolle spielen. Sein Sieg im East Lake Golf Club in Atlanta an diesem letzten Wochenende der PGA-Tour-Saison 2021/2022 ist ein denkwürdiges Staffelfinale. Die Fortsetzung ist garantiert.