Vorsicht, skurrile Golfregel!

Es gibt nur ganz wenige Sportarten, die es in Sachen Komplexität und Umfang des Regelbuchs mit dem Golfsport aufnehmen können. Die offizielle Ausgabe, die alle zwei Jahre von der R&A in St. Andrews und der United States Golf Association (USGA) herausgebracht wird, reicht dafür nicht aus. Denn darüber hinaus gibt es für Detailfragen und immer neue Interpretationsmöglichkeiten wirklich skurriler Spielsituationen ein weiteres Buch: Die „Decisions on the Rules of Golf“. Dieses Werk, das ebenfalls alle zwei Jahre überarbeitet wird, hat es mittlerweile auf mehr als 1200 Einzelentscheidungen gebracht und wird mit jeder neuen Auflage dicker. Bei allem Drang nach mehr Einfachheit wird es auch weiterhin immer wieder zu Situationen kommen, die nicht zweifelsfrei zu klären sind. Deshalb wird so lange Golf gespielt, neue Regeln und Interpretationen geben, die kurios anmuten. Wir haben für Sie die Regelbücher geöffnet – und nach ein paar Kuriositäten gesucht.

 

Die Strömung kann es richten

Die „Decisions“ 26-1/7 und 26-1/8 befassen sich mit Bällen, die in Gewässern landen und die Stelle verlassen, an denen sie gelandet sind. Schlagen Sie einen Ball ins Wasserhindernis (Penalty Area) und der Ball wird durch das Wasser ins Aus befördert, ist der Ball auch im Aus. Über den umgekehrten Fall können Sie sich freuen. Denn schlagen Sie einen Ball ins Aus und die Strömung bringt ihn zurück auf dem Platz, ist dieser wieder im Spiel. Wie Sie den Ball danach schlagen wollen, ist jedoch das nächste Problem …

Der Ball im Clubhaus

Nehmen wir an, Sie haben Ihren Ball tatsächlich ins Clubhaus geschlagen. So wäre zunächst zu klären, ob das Clubhaus noch zum Platz gehört oder „Out of bounds ist“. Ist ersteres der Fall, ist das Clubhaus nach „Decision 24-2B/14 als unbewegliches Hemmnis zu betrachten. Sind daran allerdings Teile verbaut, die als beweglich konstruiert sind, dürfen diese auch in eine andere Stellung gebracht werden. Türen und Fenster können daher geöffnet werden, um den Ball rauszuschlagen. Sollten Sie sich tatsächlich einmal in einer solchen Situation befinden, möchten wir Sie darum bitten, alles zu filmen und das Video an uns zu schicken.

Der falsche Ball

Stellen wir uns folgende Situation vor: Ihr Mitspieler und Sie schlagen den Ball vom Abschlag in die gleiche Ecke des Platzes. Ihr Mitspieler findet einen Ball und schlägt ihn. Als Sie Ihren Ball spielen wollen, bemerken Sie, dass der Mitspieler ihren geschlagen hat. Gut für Sie: Im Lochspiel verliert Ihr Gegner nach Regel 15-3a das Loch. Im Zählspiel muss er seinen richtigen Ball mit zwei Strafschlägen spielen und Sie müssen Ihren Ball dort hinlegen, wo der Mitspieler ihren zuvor fälschlicherweise gespielt hat – natürlich ohne Strafe.

Der Bunker unter Wasser

An Tagen, an denen es so richtig regnet, kann es schon mal vorkommen, dass Bunker komplett mit Wasser gefüllt sind. Wenn der Ball in einem solchen Bunker landet, können Sie den Ball, sollte er im Wasser liegen, tatsächlich straffrei aufheben. Die schlechte Nachricht: Sie müssen ihn auch wieder innerhalb des Bunkers fallen lassen. Unser Tipp: Nach den neuen Golfregeln können Sie einen Ball jederzeit aus dem Bunker nehmen und außerhalb droppen, kassieren allerdings zwei Straffschläge dafür. In diesem Fall ist das wohl trotz der Schlagverluste die sinnvollere Alternative.

Hilfe, Schlange!

In manchen Gegenden auf der Erde kann es durchaus passieren, dass Sie auf dem Golfplatz in Kontakt mit Schlangen kommen. Kommt ihr Ball in der Nähe einer Schlange zur Ruhe, müssen Sie laut „Decision 23/6.5“ unterscheiden: Lebt sie, ist sie „nicht zum Spiel gehörig“, ist sie tot, ist sie das zwar auch, ist aber auch „loser hinderlicher Naturstoff“. Sie kann also entfernt werden. Ein anderes Beispiel: Ist ein Baum, obwohl umgekippt, noch mit dem Stumpf verbunden, ist er kein loser hinderlicher Naturstoff. Wenn aber keine Verbindung mehr zu den Wurzeln besteht, ist er hinderlicher Naturstoff und darf weg.

Putzen verboten

Wenn Sie zu den Golfern gehören, die gerne früh auf den Platz gehen, kennen Sie die Situation, dass ihr Ball fast immer mit Morgentau bedeckt ist. Wenn Sie den Tau mit Ihren Händen, dem Handschuh oder auch einem Handtuch abwischen, verstoßen Sie gegen Regel 13-2. Das Abwischen von Tau, auch wenn Sie den Ball damit nicht bewegen, ist ein Vergehen, das mit zwei Strafschlägen geahndet wird. Tau, Frost oder Wasser darf nur entfernt werden, wenn der Ball noch nicht im Spiel ist.